Diagnosen, Befunde, Röntgenbilder, CT-Scans… Bei jeder ärztlichen Behandlung werden wichtige Daten über Patienten gesammelt, die für eine erfolgreiche Behandlung notwendig sind. Diejenigen, die schon mal mit einer längeren Krankheit oder einem Unfall zu tun hatten, kennen es: Ärzte erstellen Befunde und Diagnosen, welche die Patienten dann in Papierform erhalten und an weitere medizinische Akteure oder die Krankenkasse selbst weiterleiten müssen.
Nun gibt es dafür eine deutlich zeitgemäßere Lösung: die elektronische Patientenakte, auch bekannt als ePA. Sie ermöglicht es den Patientinnen und Patienten, ihre gesundheitsrelevanten Informationen jederzeit digital mitzuführen – als App auf dem Smartphone oder Tablet.
Was ist die elektronische Patientenakte?
An sich ist die elektronische Patientenakte keine neue Idee. In Ländern wie Dänemark oder Schweden wird eine vergleichbare Lösung bereits seit Jahren erfolgreich genutzt. In Deutschland wurde die elektronische Patientenakte seit vielen Jahren diskutiert, allerdings in der Vergangenheit nur als “Elektronische Gesundheitsakte” von einzelnen Krankenkassen eingeführt und als individuelle Zusatzleistung angeboten. Die Verwendung der Gesundheitsakten war für Ärzte, Krankenhäuser und Therapeuten freiwillig. Zudem war der Datenschutz durch die individuellen Lösungen nicht immer gewährleistet. Dadurch konnte sich das Potential einer solchen Anwendung nie richtig entfalten.
Seit dem 01. Januar 2021 ist das anders: Die elektronische Patientenakte wird heute deutschlandweit nach einem einheitlichen Standard von den Krankenkassen bereitgestellt. Ärzte, Krankenhäuser und Therapeuten sind dazu verpflichtet, auf Wunsch des Patienten die ePA zu verwenden. Medizinische Daten, wie beispielsweise Arztbriefe und Befunde, können von den Ärzten direkt darin abgelegt und aufgerufen werden. Die Versicherten bestimmen eigenständig, wer am Ende in welchem Umfang Zugriff auf die Daten in der ePA bekommt. Den Einblick in Ihre Daten erhalten Patienten bequem auf dem Smartphone in der entsprechenden ePA-App ihrer Krankenkasse. In der App können Patienten auch unkompliziert die Zugriffsberechtigungen für medizinische Leistungserbringer erteilen und verwalten.
Einheitliche Standards, weniger Bürokratie
Das Gesundheitssystem soll durch die Akte deutlich besser vernetzt werden, indem relevante Gesundheitsdaten eines Patienten jederzeit an benötigter Stelle zur Verfügung stehen. Die elektronische Patientenakte soll die Kommunikation zwischen Ärzten, Apothekern und Therapeuten untereinander sowie mit den Patienten vereinfachen und dadurch medizinische Abläufe verbessern. Anders als bei den individuellen „elektronischen Gesundheitsakten” wird die Funktionsweise der elektronischen Patientenakte einheitlich geregelt, sodass ein Patient deutschlandweit jedem beliebigen Mediziner seine Daten zur Verfügung stellen kann. Wer beispielsweise nach einer Operation im Krankenhaus zur Nachsorge zu einem Facharzt muss, braucht nicht länger die Informationen über seinen Befund in Papierform mitbringen, sondern kann sie dem behandelnden Arzt direkt digital zur Verfügung stellen.
Verantwortlich für die Bestimmungen ist die gematik GmbH. Als Unternehmen, das von den Spitzenorganisationen des Gesundheitswesens gegründet wurde, liegt die Aufgabe der gematik dabei vor allem in der Zertifizierung technologischer Lösungen für die elektronische Patientenakte und die dahinterliegende Telematikinfrastruktur. Die gematik legt auch für die elektronische Patientenakte fest, welche Standards von den Krankenkassen einzuhalten sind. Das stellt sicher, dass die ePA krankenkassenübergreifend von jedem Mediziner verwendet werden kann. In §341 des Sozialgesetzbuchs wurde dazu genau festgelegt, welche Daten in der elektronischen Patientenakte gespeichert werden dürfen. In diesem Paragraphen ist auch die Zuständigkeit der gematik gesetzlich verankert.
Die Vorteile der elektronischen Patientenakte
Durch die einheitlichen Standards und einfache Bedienung bringt die ePA für alle Beteiligten erhebliche Vorteile mit sich. Die dauerhafte Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten spart an vielen Stellen Zeit ein und kann die Qualität der Behandlungen deutlich verbessern:
● Der Verwaltungsaufwand bei Untersuchungen und Behandlungen nimmt für Ärzte viel Zeit in Anspruch. In der elektronischen Patientenakte erhalten sie einen schnellen und vor allem vollständigen Überblick über den Gesundheitszustand des Patienten und können leicht weitere Informationen ergänzen. Hatten Ärzte früher nur Informationen zur Verfügung, die der Patient selbst mitgebracht oder ein anderer Mediziner gezielt übermittelt hat, können sie nun sämtliche Vorerkrankungen, verabreichte Medikamente und erfolgte Behandlungen im Detail studieren und dadurch potentiell bessere Entscheidungen bei der Behandlung des Patienten treffen.
● Apotheker können ihre Kunden dank der ePA deutlich besser beraten. Diese können auf Patientenwunsch Zugriff auf die Akte erhalten und Unverträglichkeiten oder Medikationspläne in der ePA vermerken. Dadurch wird die Medikamentenversorgung optimiert und die Wirksamkeit von Medikamenten verbessert.
● Natürlich profitieren auch Patienten von der elektronischen Patientenakte. Während sie ihre Diagnosen vorher in Form von Arztbriefen erhalten haben, können sie jetzt den Informationsfluss, der ihre Gesundheit betrifft, selbst steuern. Denn: Sie haben jetzt die alleinige Datenhoheit über ihre Gesundheitsinformationen. Sie können selbst entscheiden, wem welche Daten zur Verfügung gestellt werden und können den Medizinern bei Bedarf zusätzliche Daten freigeben, die sonst unbeachtet geblieben werden. Außerdem erhalten sie selber einen Überblick über den Behandlungsverlauf, da sie ihre Daten jederzeit einsehen können. Auch der Gang zu einem neuen Arzt kann dadurch erleichtert werden, da Sie Ihre medizinischen Unterlagen in der ePA gespeichert haben. Ab dem 01.01.2022 können Sie bei einem Wechsel der Krankenkasse die Daten Ihrer ePA exportieren lassen und zum neuen Anbieter der Akte mitnehmen.
Auch für die weitere Entwicklung digitaler Gesundheitsanwendungen bietet die elektronische Patientenakte viele Vorteile. Mit der zunehmenden Verbreitung von Telemedizin kann ein Arzt nun problemlos in der Online-Sprechstunde die Gesundheitsdaten des Patienten einsehen, um dann die passenden Medikamente zu verschreiben.
Wie steht es um den Datenschutz bei der elektronischen Patientenakte?
Bei hochsensiblen Informationen wie Gesundheitsdaten spielt der Schutz der Daten immer eine wichtige Rolle. Deshalb werden die ePA-Anwendungen der Krankenkassen erst nach umfangreichen Zertifizierungsprozessen auf dem Markt zugelassen. Sie unterliegen dabei den europäischen Datenschutzbestimmungen – den strengsten weltweit.
Diese erfordern es auch, dass alle Daten verschlüsselt übermittelt werden. Auch die elektronische Patientenakte verwendet eine Verschlüsselung, welche die gespeicherten Informationen vor einem Zugriff durch Dritte schützt. Krankenkassen und IT-Dienstleister etwa können die Daten auch dann nicht einsehen, wenn sie auf ihren eigenen Servern gespeichert sind.
Elektronische Patientenakte: Neue Perspektiven für die Gesundheitsversorgung
Mit der Einführung der ePA am 01. Januar 2021 ist nun endlich auch in Deutschland ein wichtiger Grundstein für die Digitalisierung des Gesundheitswesens gelegt. Es sind bereits viele Upgrades für die elektronische Patientenakte geplant. In den nächsten vier Jahren soll eine Anbindung an das E-Rezept möglich werden, wodurch der Medikationsplan besser in die ePA integriert wird. Außerdem soll die optionale Freigabe der eigenen Gesundheitsdaten für Forschung und Wissenschaft ermöglicht werden. Langfristig ist sogar eine Anbindung an E-Health-Anwendungen aus dem EU-Ausland geplant. Damit bietet die elektronische Patientenakte Potential für Innovationen und eine vernetzte, verbesserte Gesundheitsversorgung.