Besonders in den letzten beiden Jahren gab es im deutschen Gesundheitswesen einen regelrechten Digitalisierungsschub: Mit Neuerungen wie der elektronischen Patientenakte (ePA), der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) oder dem elektronischen Medikationsplan (eMP) sind zentrale Prozesse der Versorgung digitalisiert worden. Damit diese digitalen Anwendungen als Teil der Telematikinfrastruktur genutzt werden können, mussten Ärzte, Apotheker, Krankenhäuser und Psychotherapeuten einige Upgrades ihrer bestehenden Systeme und Prozesse durchführen. Ein Teil dieser Neuerungen war die Einführung des elektronischen Heilberufsausweises (eHBA) Ende 2020. Dieser ermöglicht Angehörigen der Gesundheitsberufe wie Ärzten und Apothekern den autorisierten und sicheren Zugriff auf die Daten und Anwendungen innerhalb der Telematikinfrastruktur.
Elektronischer Heilberufsausweis: Was Angehörige der Gesundheitsberufe wissen müssen
Was ist der elektronische Heilberufsausweis?
Der elektronische Heilberufsausweis ist ein Sammelbegriff für elektronische Chipkarten, die Ärzte, Therapeuten oder Apotheker als berechtigte Personen für den Zugriff auf sensible medizinische Daten ausweisen. Für unterschiedliche Berufsgruppen gibt es auch die Bezeichnungen eApothekerausweis, eArztausweis, eZahnarztausweis oder ePsychotherapeutenausweis.
Auf dem eHBA sind Daten gespeichert, die den Besitzer als berechtigte Person für die Telematikinfrastruktur identifizieren. Im Gegensatz zum Praxisausweis SMC-B, der den Zugriff auf die Anwendungen der Telematikinfrastruktur für Arztpraxen ermöglicht, ist der eHBA personenbezogen. Der eHBA gilt bundesweit und behält auch bei einem Umzug in ein anderes Bundesland seine Gültigkeit.
Wer benötigt einen eHBA?
Grundsätzlich benötigt jeder Heilberufler, der Zugriff auf die TI haben möchte, einen elektronischen Heilberufsausweis, so auch jeder einzelne Arzt innerhalb einer Praxis. Aktuell können Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und Psychotherapeuten einen eHBA beantragen – also alle verkammerten Berufsgruppen im Gesundheitswesen. Auch andere medizinische Berufsgruppen wie Ergotherapeuten oder Physiotherapeuten sollen zukünftig einen digitalen Heilberufsausweis erhalten. Sollten in einer Praxis Assistenten tätig sein, die Dokumente signieren müssen, benötigen auch diese einen eigenen elektronischen Heilberufsausweis.
Seit wann müssen Ärzte einen eArztausweis besitzen?
Die Anknüpfung von Vertragsärzten an die TI der gematik ist seit Mitte 2021 Pflicht. Für Krankenhäuser lag der Stichtag sogar schon Anfang 2021. Da Ärzte den eHBA brauchen, um auf die Telematikinfrastruktur zugreifen zu können, um etwa elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auszustellen, sollten sie seitdem auch im Besitz eines eArztausweises sein. Dennoch haben noch nicht alle Ärzte in Deutschland den eHBA beantragt: Anfang Januar 2022 waren erst 66,19 Prozent der niedergelassenen Ärzte damit ausgestattet; im stationären Sektor betrug die Quote nur 27,69 Prozent.
Wo kann ein eHBA beantragt werden?
Für die Vergabe elektronischer Heilberufausweise sind die Landeskammern der jeweiligen Berufsgruppe sowie für Sonderfälle die gematik zuständig. Je nach Kammer wurde die Zuständigkeit der Produktion an externe Anbieter wie die Bundesdruckerei, T-Systems oder Medisign weitergegeben – konkrete Informationen dazu können den Websites der jeweiligen Kammern entnommen werden. Der eHBA-Antrag kann bei der Kammer selbst oder direkt bei einem der Anbieter gestellt werden. Apothekerinnen und Apotheker bzw. Versandapotheken aus den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union beziehen ihren eHBA über die gematik.
Da sich Heilberufler durch den eHBA ausweisen können, ist der Antragsprozess streng geregelt – und der Ausweis muss alle 5 Jahre erneuert werden. Nachdem ein Antrag für einen eHBA bei einem entsprechenden Anbieter gestellt wurde, müssen sich die Heilberufler via Post-Ident-Verfahren authentifizieren, um ihre Identität zweifelsfrei nachzuweisen. Nur dann erhalten sie per Post ihren eHBA. Ähnlich wie bei EC-Karten werden auch hier die Karte und die PIN getrennt voneinander zugestellt.
Wie kann der eHBA aktiviert werden?
Nach dem Eingang beim Antragsteller muss der eHBA innerhalb von vier Wochen via Online-Portal aktiviert werden. Der eHBA muss dann über das PVS (bzw. KVS / AVS) in Verbindung mit einem Konnektor und der zugesandten PIN freigeschaltet werden. Sämtliche Softwareanbieter müssen die Funktion zur Aktivierung des eHBA in ihren Programmen integrieren und der verwendete Konnektor muss über das eHealth-Update verfügen. Bei der Aktivierung werden die Transport-PINs benötigt, die im Eingabefeld des Konnektors eingegeben werden können. Anschließend legt der Heilberufler auch seine persönlichen PINs fest.
Was kostet der eHBA?
Je nach Anbieter variieren die Kosten für den elektronischen Heilberufsausweis, mit ca. 8 Euro im Monat ist zu rechnen – die Abrechnung erfolgt aber in der Regel jährlich. Dabei werden bei Kassenärzten ungefähr 50 Prozent der Kosten von Kassenärztlichen Vereinigungen erstattet.
eHBA: Digitaler Pass mit zahlreichen Einsatzmöglichkeiten
In Zukunft wird der elektronische Heilberufsausweis ein unabdingbarer Teil des Praxisalltags werden: Ohne ihn werden Ärzte viele elementare Handlungen, wie zum Beispiel das Ausstellen von Rezepten, nicht mehr durchführen können.
Auch außerhalb der elektronischen Verordnung benötigen Ärzte in vielen weiteren Arbeitsprozessen den eHBA:
● Sichtausweis, mit dem Ärzte sich in z.B. Apotheken ausweisen können, um verschreibungspflichtige Medikamente zu erwerben. Hierbei erfüllt er den gleichen Zweck wie der bisher verwendete Arztausweis.
● Digitaler Ausweis, mit dem Arzt oder Heilberufler in der digitalen Welt als Teil einer berechtigten Berufsgruppe identifiziert werden, um etwa nach der Zustimmung des Patienten auf die elektronische Patientenakte zugreifen zu können. Auch für die Nutzung des TI-Kommunikationsdienstes KIM ist ein eHBA erforderlich. KIM, kurz für „Kommunikation im Medizinwesen“, wird für den Informations- und Dokumentenaustausch zwischen Praxen oder anderen medizinischen Einrichtungen genutzt. Damit können systemübergreifend und sicher sensible Patienteninformationen wie Befunde oder Röntgenbilder geteilt werden.
Mit dem eHBA erhalten Heilberufler auch Zugang zu Mitgliederportalen der Kassenärztlichen Vereinigungen und Kammern.
● Qualifizierte Elektronische Signatur (QES), mit der Ärzte E-Rezepte, elektronische Arztbriefe und elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen signieren können. Dabei ist auch eine Stapelverarbeitung möglich, mit der direkt mehrere Dokumente unterzeichnet werden können.
● Verschlüsselung & Entschlüsselung von medizinischen Daten und anderen vertraulichen Informationen. Der eHBA garantiert, dass nur berechtigte Personen Zugriff auf sensible Daten erhalten.
● Zugriffsberechtigung auf die medizinischen Daten auf der eGK, wie den Notfalldatensatz oder den elektronischen Medikationsplan (eMP). Beim eMP werden relevante Medikationsdaten auf der eGK gespeichert, die nach der Einwilligung des Patienten abgerufen werden können. Die Notfalldaten können in einer entsprechenden Krisensituation auch ohne Einwilligung des Patienten abgerufen werden – was unter Umständen Leben retten kann.
● Protokoll: Im Allgemeinen protokolliert der eHBA auch den Zugriff auf medizinische Patientendaten. So kann jederzeit transparent nachverfolgt werden, welcher Heilberufler wann zu welchen Informationen Zugang hatte.
Der elektronische Heilberufsausweis: Die Basis für sicheren Datenaustausch der Zukunft
Der eHBA hat einen signifikanten Vorteil gegenüber den bisherigen Heilberufsausweisen: Er gilt auch in der digitalen Welt als Ausweis und macht mit der Qualifizierten Elektronischen Signatur eine rechtssichere Unterschrift für Akteure im Gesundheitswesen möglich. Viele der aktuellen digitalen Anwendungen im Gesundheitsbereich setzen den eHBA bereits voraus. Auch in Zukunft werden immer mehr Bereiche des Gesundheitswesens digitalisiert, um den Alltag von Heilberuflern und Patienten zu verbessern und zu erleichtern – in Kürze wird mit dem E-Rezept der Verordnungsprozess digitalisiert, auf dem in Zukunft wiederum weitere Konzepte wie die Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit aufbauen können. Gerade deshalb ist es wichtig, dass sich Heilberufler auch als solche eindeutig und rechtssicher in der digitalen Welt ausweisen können.